Aus heutiger Sicht muss man Philosophie gegenüber der Theologie abgrenzen. Diese Trennung erfolgt zum ersten Mal in der griechischen Antike mit der "Trennung von Mythos und Logos" (6. Jh. vuZ). Das ist - wenn man so will - überhaupt der Beginn der Philosophie. Diese antike Trennung zwischen Philosophie und Theologie verschwindet im christlichen Mittelalter wieder; die Philosophie wird - wie der Kirchenlehrer und Philosoph Thomas von Aquin fordert - zur "Magd der Philosophie" ("Philosophia ancilla theolgiae est"). Und erste mit der Neuzeit (ab dem 17. Jahrhundert, Descartes!; dann v.a. die Philosophie der Aufklärung) kann sich die Philosophie allmählich wieder - unterstützt von der Wissenschaft - von dieser einengenden Umklammerung durch die Religion befreien.
Religion und Philosophie werden im 19. Jh. z. B. Philosophie in der Tradition der Aufklärung oder in der Philosophie in der Tradition des Marxismus oder in der Philosophie in der Tradition der analytischen / positivistischen Philosophie zu erbitternden Gegnern, die sich gegenseitig bekämpfen. Zwei Philosophen, die sich in diesem Kampf gegen die Religion und die Theologie besonders "hervortun", sind Karl Marx ("Religion ist Opium des Volkes") und Friedrich Nietzsche ("Gott ist tot. Wir haben ihn getötet.")
Heute betonen PhilosophInnen z. T. wieder stärker die Parallelen oder zwischen Religion und Philosophie. Oder sie geben zumindest zu, dass eine offene und aufgeklärte Religion möglich ist und philosophischen Denkprinzipien nicht per se widersprechen muss.
Auch Kunst (Literatur, bildende Kunst, ...) setzt sich mit philosophischen Themen auseinander. Sie hinterfrägt und kritisiert gesellschaftliche Probleme und Herausforderung. Sie setzt sich mit
Grundfragen und Grundthemen der menschlichen Existenz - Liebe, Tod, Gewalt, ... - auseinander. Allerdings macht sie das in einer nicht-diskursiven Form. Das heißt, die Sprache der Kunst ist - im
Unterschied zur Sprache der Philosophie - "jenseits von wahr und falsch". Sie ist mehrdeutig, vielschichtig, interpretations-offen. Deshalb können wir uns über literarische Werke Gedanken
machen und diese Gedanken anderen auch mitteilen. Aber wir kommen hoffentlich nicht auf die Idee, dass es nur eine (= die) richtige Deutung Kunstwerks wie z. B. des Gedichts "Groddek" (Trakl)
oder des Dramas "Faust" (Goethe) oder des Bildes "Der Schrei" (Munch) gibt. Gerade dass diese Werke vielfältige, ja sogar widersprüchliche Deutungen zulassen, macht ihre Qualität
aus.
Aus heutiger Sicht muss man Philosophie gegenüber den Erfahrungswissenschaften (Naturwissenschaften, Geschichte, Soziologie, …) theoretisch abgrenzen. Diese Trennung zwischen Philosophie und
Wissenschaften erfolgt geschichtlich allerdings recht spät, nämlich in der Neuzeit (17. – 19. Jh). Der zentrale Unterschied ist, dass die Philosophie ihre Thesen empirisch nicht „beweisen“
kann.
In der Praxis ist es aber so, dass die Philosophie und die Erfahrungswissenschaften sich gegenseitig berühren, gegenseitig ergänzen und gegenseitig befruchten. Das beginnt damit, dass sehr viele WissenschaftlerInnen, die sich mit grundlegenden Fragen ihrer Disziplin auseinandersetzen, ebenso gut als PhilosophInnen charakterisiert werden können und sich (teilweise) auch so verstehen. Das gilt z. B. für PhysikerInnen wie Luise Meitner, Ernst Mach, Max Planck, Albert Einstein, Niels Bohr, Werner Heisenberg. Und für viele VertreterInnen anderer Disziplinen.
Philosophie und Erfahrungswissenschaften berühren sich inbesondere, wenn es um folgende Aspekte geht:
A1: Zeige am Beispiel einer Wissenschaft (z. B. Biologie), wo und inwiefern es
Berührungspunkte zwischen Philosophie und Erfahrungswissenschaft gibt. Orientiere dich dabei an folgenden Aspekten: * Erkenntnistheoretische Fragen und wissenschaftstheoretische Fragen: Fragen nach den Methoden, die in dieser Wissenschaft wichtig sind. Diskussionen um diese Methoden. Frage nach umstrittenen und nicht allgemein anerkannten Theorien. * Ethische Fragen: Fragen nach den Grundwerten und nach dem richtigen Handeln, das sich im Rahmen dieser Wissenschaft stellt. * wichtige Diskussionen / Fragen, die einen Bezug zur Philosophie haben
* wichtige DenkerInnen in dieser Disziplin, die sich an der Grenze zwischen Wissenschaft und Philosophie
bewegen oder die in beiden Welten zuhause sind. |
A2: Interviewe einen Fachlehrer / eine Fachlehrerin oder jemanden, der eine
erfahrungswissenschaftliche Disziplin studiert hat, zur Frage, welche Berührungspunkte es in seinem Fach zur Philosophie gibt. |
A3: Erarbeite ein Porträt einer Persönlichkeit, die sowohl als WissenschaftlerIn als auch als PhilosophIn gilt. Das Protrati sollte folgende Elemente enthalten:
* Bild der Person * Bedeutung als WissenschaftlerIn. Themen, Fragen, Aussagen, Diskussionen * veröffentlichte Werke / Literatur * Aussagen / Zitate Achtung: Quellenangaben nicht vergessen!!!
Zum Beispiel:
* Albert Einstein als Physiker und als Philosoph (Ethik, Ontologie, Wissenschaftstheorie) * Ernst Mach als Physiker und als Philosoph (Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie) * Erwin Chargaff als Chemiker und als Physiker * Viktor E. Frankl als Psychologe / Psychiater und als Philosoph * Lise Meitner als Physikerin und als Philosophin * Hypatia als antike Mathematikerin und Philosophin * Marie Curie als Chemikerin und als Philosophin * Hannah Arendt als Politikwissenschaftlerin und Philosophin
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