Prinzipien der
Kriegspropaganda:
1. Wir haben diesen Krieg nicht gewollt.
2. Personifizierung des Feindes.
3. Unsere Zielstellungen sind humanitärer Art. Man muss die Tatsache verschweigen, dass es wirtschaftliche Ziele des Krieges gibt. Man stelle humanitäre Gründe in den Vordergrund.
4. Berichte über Grausamkeiten des Gegners. Vermeide ungünstige Berichte über die eigene Seite.
(Lord Ponsonby, brit. Diplomat, 1871)
Medien und Politik sind gegenseitig voneinander abhängig. Sie brauchen sich gegenseitig. Die Politik liefert den Medien "den Stoff", den sie aufbereiten und über den sie berichten können. Und nur durch Medienberichterstattung haben Menschen (auch als politisch mitentscheidende BürgerInnen in einer Demokratie) eine Chance, sich über politische Ereignisse zu erkundigen und sich dazu eine Meinung zu bilden.
Medien erfüllen wichtige Funktionen in demokratischen Gesellschaften
Medien haben eine Informationsfunktion:
Medien müssen BürgerInnen umfassend über politische Ereignisse informieren. Das ist die Grundlage für das Wissen, das BürgerInnen brauchen, damit sie von ihren politischen Rechten (Wahlen, Engagement bei Bürgerinitiativen, ...) Gebrauch machen können.
Medien haben eine Meinungsbildungs- und Mobilisierungsfunktion:
Medien müssen politisch und gesellschaftlich umstrittene Themen und offene politische Fragen aufgreifen und den Parteien in gesellschaftlichen Debatten "eine Plattform" zur Verfügung stellen, über die sie ihre Argumente und ihre Sichtweise darlegen können. In diesem Zusammenhang können sie auch Personen oder Personengruppen, die sonst keine oder nur wenig Möglichkeiten hätten, sich zu artikulieren (z. B. Einzelpersonen, Bürgerinitiativen, Kleinparteien) eine Bühne bieten.
Es ist auch wichtig, dass Medien über Kriege, Naturkatastrophen o.ä. berichten, weil diese Berichte die Voraussetzung für die Unterstützung sind, die NGOs brauchen, wenn sie Hilfe leisten wollen. ("Nachbar in Not" wäre ein Beispiel in diesem Kontext)
Medien haben eine Kontrollfunktion:
Ohne Berichte in den Medien würden viele Skandale oder politische Missbrauchsfälle nicht bekannt. Nur weil Medien berichten und Druck machen, wissen politisch verantwortliche Personen, dass sie entsprechend unter Kontrolle stehen. Medien können die Aufdeckung von Skandalen und die strafrechtliche Ahndung von Missbrauch oder Korruption einfordern und so Druck machen. Medien können Politiker mit fragwürdigen Entscheidungen oder Fehlentscheidungen, die sie zu verantworten haben, konfrontieren. Durch Mediendruck können PolitikerInnen so z. B. zum Rücktritt gezwungen werden.
Medien haben besondere Rechte in demokratischen Gesellschaften
Eben weil Medien als "vierte Macht" in einem demokratischen Rechtsstaat eine besondere Rolle spielen, haben sie auch wichtige Rechte und genießen - unter dem Titel der Pressefreiheit oder Informationsfreiheit oder Meinungsfreiheit - besonderen Schutz. Denn es wäre natürlich für mächtige PolitikerInnen ziemlich verführerisch, kritische Medien oder Journalisten, die sie angreifen oder die ihre Politik negativ bewerten, "kalt zu stellen" und zu zensurieren. Das Prinzip der Presse- und Informationsfreiheit soll genau das verhindern.
Medien haben eine besondere Verantwortung
Medien haben eine große Verantwortung. Grundsätzlich sind sie zu einer umfassenden, sachlich korrekten, der Wahrheit verpflichteten, verhältnismäßigen und fairen Berichterstattung verpflichtet.
Medien sind mächtig. Sie berichten nicht nur "neutral" über politische Ereignisse. Sie machen auch selbst Politik. Die Gefahr, dass sie dabei Grenzen überschreiten und sich zu fragwürdigen Verhaltensweise verführen lassen, ist groß. Wo die Grenze zwischen kritischer, aber legitimer Berichterstattung und medienethisch fragwürdigen Verhaltensweisen ist, kann man oft nur im Einzelfall diskutieren und entscheiden.
Ein paar Beispiele ...
Medienzensur in Diktaturen ...
Diktaturen haben immer versucht, Medien gleichzuschalten und unter die politische Kontrolle zu bringen. Damit können politische Machthaber sicherstellen, dass nur Informationen, die ihnen selbst genehm sind, an die Öffentlichkeit kommen. Und sie können die öffentliche Meinung so gezielt steuern und manipulieren. Ein paar historische und aktuelle Beispiele
Was für die Politik im Allgemeinen gilt, gilt auch für politische Krisen, bewaffnete Konflikte und Kriege im Besonderen. Medien haben eine wichtige Informations- und Meinungsbildungsfunktion. Medien können den Menschen, die Opfer von Kriegen sind, eine Stimme geben und dafür sorgen, dass die Öffentlichkeit sie überhaupt zur Kenntnis nimmt.
Medien profitieren aber auch als Wirtschaftsunternehmen von kriegerischen Auseinandersetzungen, weil sie mit Kriegsberichterstattung Auflage und Quote steigern und so von Kriegen profitieren. Und Medien lassen sich manchmal auch von der Politik instrumentalisieren, indem sie unkritisch und einseitig berichten.
Die Rolle, die Medien im Krieg haben, wurde an unterschiedlichen historischen Ereignissen besonders intensiv diskutiert. Zum Beispiel:
Medien funktionieren nach der Logik, wonach Ereignisse entweder einen hohen News-Wert oder einen niedrigen (bzw. gar keinen) News-Wert haben.
Hoher Newswert hat ein Ereignis unter folgenden Rahmenbedingungen:
Medienberichterstattung setzt aber auch ein Minimum an Sicherheit für die berichtenden Journalisten und ein Minimum an Infrastruktur voraus. Aus manchen Krisenregionen (dzt. teilweise Irak, teilweise Syrien) gibt es kaum verlässliche Berichte.
Einseitige Medienberichterstattung über einen längeren Zeitraum hinweg beeinflusst die Meinung vieler Menschen. Sie führt dazu, dass bestimmte Ereignisse (fast) nur noch in eine bestimmte Richtung wahrgenommen und gedeutet werden. Man nennt das Framing (also: in einen bestimmten Rahmen stellen).
Die amerikanische Bush-Regierung deutet die Terroranschläge vom 11. September als Kriegserklärung der AlKaida an die USA. Die Deutung, dass es um einen Krieg gehe, den die gesamte zivilisierte westlich Welt gegen einen mittelalterlichen, demokratie- und menschenverachtenden Gegner zu führen habe, wird von fast allen Medien in den USA und in anderen Staaten (viel zu unkritisch, sagen manche) übernommen. Das ist wohl eine wichtige Voraussetzung dafür, dass es gelingt, im UN Weltsicherheitsrat einen Beschluss, der den Militäreinsatz in Afghanistan rechtfertigt, durchzubringen.
2003 gelingt der Versuch, den Krieg gegen den Irak mit dem (angeblichen) Giftgas, das Saddam Hussein hortet, zu rechtfertigen, zumindest noch in den USA. Fast alle Medien übernehmen diese Sichtweise. Und die große Mehrheit der US-Amerikaner befürwortet (im Unterschied z. B. zu den Bürgern in Deutschland oder Frankreich, wo die Medien kontrovers berichten und wo die Debatte kontrovers läuft) den Krieg.
Zur Kriegsrhetorik, die Politiker pflegen, gehört eine Sprache, die eine Front zwischen "Gut" und "Böse" schaft. Journalisten übernehmen die entsprechende Rhetorik teilweise unreflektiert. Nicht ohne Grund gibt es in Deutschland z. B. 2008 eine heftige Debatte über die Frage, ob Deutschland in Afghanistan einen "Militäreinsatz" leiste, eine "Un-Mission" oder Friedensmission erfülle oder im Krieg sei.
Beispiele
Zur Kriegsrhetorik, die Politiker pflegen, gehört eine Sprache, die Krieg teilweise verharmlost und die Brutalität von Krieg "verschleiert". Journalisten übernehmen diese Rhetorik teilweise unkritisch.
Auch Bilder sind nie "neutral". Sie stellen Ereignisse immer in einen bestimmten Zusammenhang. Sie perpektivieren diese Ereignisse. Sie wecken, z. B. durch Motivauswahl, Kameraperspektive, Farbgebung, Montage einzelner Elemente, Verbindung von Text und Bild ... bestimmte Emotionen und Assoziationen beim Betrachter.
Neutrale Bilder gibt es nicht. Umso wichtiger ist es, dass RezipientInnen die "Bildsprache", die Medien benutzen, kritisch reflektieren.
In den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte der norwegische Konfliktforscher Johan Galtung ein Konzept für eine andere Kriegsberichterstattung, die sich in den Dienst der Konfliktlösung und der Friedenssicherung stellen sollte. Er nannte diese Form des Journalismus Friedensjournalismus.
Am traditionellen Kriegsjournalismus kritisiert er folgende Punkte:
Friedensjournalismus müsse im Gegensatz dazu folgendes leisten:
A 1: Erkläre, welche fundamentalen Funktionen Medien haben, wenn es darum geht, über Kriege oder bewaffnete Konflikte zu berichten.
A2: Erkläre, warum aus Medienberichterstattung manchmal politische Propaganda wird. Erkläre, warum und inwiefern es hier Unterschiede zwischen Demokratien und diktatorischen Systemen gibt.
A3: Zeige an den "Morgenpost"-Titelblättern, dass Schlagzeilen sprachlich sehr oft "tendenziös" sind.
A4: Erkläre, wie die Bildsprache des "Weltwoche"-Covers ist, das Putin und den Ukrainichen Präsidenten (während des militärischen Konflikts im Sommer 2014) zeigen. Reflektiere, welche Leser-Wirkung offenbar intendiert ist.
A4: Beschreibe die Bildsprache, die die Spiegel-Titelbilder haben, beispielhaft.
A5: Wenn du an einen der derzeit aktuellen militärischen Konflikte / Kriege denkst: Was müsste ein Friedensjournalismus im Sinne Galtungs leisten? Inwiefern finden sich Elemente in diese Richtung in der Berichterstattung?
Internetquellen; Links