Die biozentrische Ethik (griech.: "bio" = Leben) steht das Lebendige, also Tiere und Pflanzen gleichermaßen. [Das ist ein wesentlicher Unterschied zur pathozentrischen Ethik, die von der Leidensfähigkeit ausgeht und folglich Pflanzen keinen besonderen Schutzstatus zuerkennt. Und die außerdem auch Tiere abhängig von ihrer mutmaßlichen Leidensfähigkeit in schützenswertere "höhere" und weniger schützenswerte "niedrigere" Tiere unterscheidet.
Im Mittelpunkt des Ansatzes steht der Schutz und der Erhalt des Lebens um seiner selbst willen. Die belebte Natur wird als gleichwertiger Teil der Welt verstanden. Die in der westlichen Kultur übliche Hierarchisierung (Mensch als höchstes Lebewesen, Mensch als Krone der Schöpfung) lehnt die biozentrische Ethik ab. Tiere und Pflanzen haben von sich aus ein Lebensrecht, das der Mensch nicht (oder nur in sehr eingeschränkter Form; schließlich muss er ja essen, um zu überleben und die Natur nutzen, um selbst zu überleben) verletzen darf.
Viele Biozentriker – zum Beispiel Albert Schweitzer – lehnen Abstufungen zwischen einzelnen Tierarten grundsätzlich ab. Allen Tieren und Pflanzen muss man mit der
selben Achtung und Ehrfurcht begegnen. Andere stehen zwar jeder Tier- und Pflanzenart ein grundlegendes Recht auf Leben zu, machen aber in Bezug auf einzelne Tiere graduelle Unterschiede. Eine
Stechmücke oder eine lästige Fliege dürfte dann auch erschlagen werden.
Arbeitsaufgaben/Diskussion / Reflexion zur biozentrischen Ethik
A1: Welche Position nehmen Vertreter einer biozentrischen Ethik im Hinblick auf folgende Problemfelder ein:
A2: Mit welchen Erscheinungsformen der modernen spätindustriellen/postindustriellen Gesellschaft (Umgang mit natürlichen Ressourcen, Konsumverhalten) werden Vertreter eines biozentrischen Ansatzes besondere Mühe haben?
A3: Wie würde sich das Leben eines Menschen gestalten, der sich sehr stark an biozentrischen Grundsätzen orientiert? Wie würde er vermutlich wohnen? Wie würde er arbeiten? Was würde sein Konsumverhalten kennzeichnen? Worauf müsste er verzichten? - Ist aus deiner Sicht ein biozentrisch orientiertes Leben überhaupt "lebbar"? Inwiefern (nicht)?
Nach diesem Ansatz (von Holismus = Ganzheitlichkeit) ist der Mensch nicht nur gegenüber der belebten, sondern auch gegenüber der unbelebten Natur ethisch
verantwortlich. Auch die unbelebte Natur ist ein Wert an sich, der nicht durch einseitig menschliche Interessen zerstört werden darf.
Natürlich muss der Mensch in die Natur eingreifen. Aber er darf das nur, um sein eigenes Überleben zu sichern, nicht um Gewinne zu maximieren. Wenn er in die Natur eingreift, darf er darf die natürlichen Kreisläufe nicht zerstören, unbelebte Gegenden (Meeresgrund, Antarktis, Wüsten, ...) nicht nachhaltig verändern oder gar zerstören, die Biodiversität nicht gefährden, ...
Im Rahmen dieses Ansatzes wird aus der Umwelt eine Mitwelt, in die der Mensch eingebettet ist und deren ökologische Spielregeln er zu beachten hat.
Die Erde ist dem Menschen nicht untertan, die Herrscher-Rolle wird dem Menschen abgesprochen.
Arbeitsaufgaben / Diskussion / Reflexion
A4: Welche Position nimmt ein holistischerumweltethischer Ansatz im Hinblick auf folgende Problemfelder ein:
A5: Welche Stärken / Schwächen hat ein holistischer Ansatz? Welche Nachteile?
A6: Wie würde sich das Leben eines Menschen gestalten, der sich sehr stark an biozentrischen Grundsätzen orientiert? Wie würde er vermutlich wohnen? Wie würde er
arbeiten? Was würde sein Konsumverhalten kennzeichnen? Worauf müsste er verzichten? - Ist aus deiner Sicht ein biozentrisch orientiertes Leben überhaupt "lebbar"? Inwiefern
(nicht)?
A7: Was versteht man unter ökologischem Gleichgewicht? Wie / auf welche Weise kann der Mensch das ökologische Gleichgewicht stören / zerstören? Was sind dafür Beispiele aus der Geschichte? Was sind Beispiele aus der Gegenwart?
A8: Gedankenexperiment: Nehmen wir an, es gibt auf der Welt eine Insel, die absolut lebensfeindlich ist. Es gibt dort weder Pflanzen, noch Tiere. Aber es gibt dort ein seltenes Edelmetall. Damit man es abbauen kann, muss man die natürliche Beschaffenheit der Insel nachhaltig verändern. Beim Abbau würden auch giftige Chemikalien eingesetzt, die dann auf der Insel zurückbleiben, aber ansonsten keinen Schaden anrichten (Es gibt ja keine Pflanzen oder Tiere). Dürfte man das Edelmetall abbauen? Was würde eine holistische Ethik sagen? Was ist deine Meinung?
A9: Die Infografik ("Standard", 25. 3. 2013) bildet das Ernährungsverhalten der ÖsterreicherInnen in Teilbereichen ab. Inwiefern geht es dabei (indirekt oder direkt) auch um natur- und umweltethische Themen? Zu welchen Themenaspekten können wir einen Bezug herstellen? Welche ethischen oder ethisch relevanten Fragen lassen sich ableiten? Verfasse dazu einen Kurzkommentar (100 Wörter; vier ethische Themenfelder nennen, vier ethische Fragen aufzählen)
A10: Welchen umweltethischen Positionen lassen sich folgende Aussagen am ehesten zuordnen?
(a = anthropozentrisch; p = pathozentrisch; b = biozentrisch; h = holistisch; ?? = unklar, nicht zuordenbar)
A11: Was kennzeichnet die folgenden Lebens- und Konsumstile? Welche ethischen Argumente stehen im Zentrum? Welche umwelt-/naturethischen Positionen passen am ehesten zu ihnen"?